Veröffentlichung des Bürgergutachtens

Düsseldorf – 150 Seiten stark ist das Bürgergutachten "Glaube in der Stadt", das am Reformationssonntag in der Düsseldorfer Johanneskirche an den Superintendenten des Kirchenkreises, Heinrich Fucks, und an den Oberbürgermeister der NRW-Landeshauptstadt, Dr. Stephan Keller, überreicht wurde. Darin enthalten sind unendlich viele Anregungen, Forderungen und Wünsche an die Evangelische Kirche sowie an die politisch Verantwortlichen in der Kommune. Superintendent Fucks erklärte bei der feierlichen Übergabe des Gutachtens, die Kirche brauche eine Erneuerung ihres Freiraums und keine "Selbstzufriedenheit mit dem Erreichten, kein Selbstmitleid und keine Angst, gewohnte Wege zu verlassen."

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„Uns lauter und sichtbarer zu Wort melden“

Knapp 200 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger waren bei der Erstellung des Gutachtens beteiligt gewesen, das nun zunächst in der am 20. November anstehenden Kreissynode vorgestellt und debattiert werden soll. Auch in den Kirchengemeinden solle das umfangreiche Papier präsentiert und nach Umsetzungsmöglichkeiten gesucht werden. "Wir werden aufgefordert, uns in gesellschaftlichen und politischen Debatten noch stärker einzubringen und uns lauter und sichtbarer zu Wort zu melden", fasste Fucks ein zentrales Anliegen des Gutachtens zusammen. Die Bürgergutachter wünschten sich zudem, dass die Kirche "aus den Nischen heraus tritt und die Türen für Nachbarschaften öffnet."

Werte authentisch vertreten

Lebensstil und Klimawandel, Stadterneuerung und christliche Werte. Weltanschauung und gesellschaftliches Miteinander, Einsatz für die Schwachen in der Gesellschaft. Überall dort könne die Evangelische Kirche künftig präsenter sein, hieß es im Gutachten. Für 2035 wünschen sich die Bürgergutachter:innen, dass die Evangelische Kirche in der Stadt zurückkehrt "zur echten Gemeinnützgkeit, eine Wertegemeinschaft verkörpert und Werte authentisch vertritt." Dabei solle sie Transparenz und Glaubwürdigkeit stärken und "Kirche für alle sein, tolerant und vorurteilsfrei", heißt es im Gutachten.

Hinterfragen steckt in der DNA der Kirche

 Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller, selbst ein bekennender Katholik, lobte die Evangelische Kirche in der Stadt. "Es gibt kein passenderes Datum als den Reformationstag zur Übergabe des Gutachtens", so Keller. "Das Hinterfragen des Status Quo steckt in der DNA der Kirche", so das Stadtoberhaupt weiter. Keller verglich das Bürgergutachten mit den Thesen des Reformators Martin Luther. Die hätten damals auch einen Prozess der "Demokratisierung des Glaubens" angestoßen. In Düsseldorf könne das Gutachten der "Anstoß für eine Neugestaltung der Evangelischen Kirche sein." Ute von Ampting, ein der Teinlemenden des Bürgergutachtens, sagte, für sie sei es "eine demokratische Verpflichtung" gewesen, an dem Gutachten teilzunehmen und "Teil des Prozesses zu sein, etwas zu verändern."  

Weniger predigen, mehr handeln

Wissenschaftlich begleitet wurde das Projekt vom Institut für Demokratie- und Partizipationsforschung der Bergischen Universität Wuppertal. Dessen Leiter, Hans J. Lietzmann, sagte bei der Übergabe-Feier am Sonntag, es sei klar geworden, dass Kirche mehr helfen soll bei den strittigen Fragen in der Gesellschaft. Yazgülü Zeybek vom Institut nannte weiter die Erwartungen der Bürgergutachter: "Einsatz für Klimaschutz, Gemeinnützigkeit, Transparenz, Verzicht auf Missionieren, weniger predigen und mehr handeln".

Bei all dem sollten religiöse Werte stärker eingebracht werden, hieß es der Johanneskirche. "Menschen wollen zusammenleben in aller Verschiedenheit von Weltanschauung und Religion und gemeinsam die Herausforderungen annehmen, die auf die Stadt zu kommen. Seelsorge und Respekt sind dabei besonders wichtig", so Superintendent Fucks.

Text: Andreas Rehnolt
Fotos: Uwe Schaffmeister

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